[Rezension] Augustin Erba: Die auffällige Merkwürdigkeit des Lebens

Wer kann schon von sich behaupten, einen genialen Atomphysiker als Vater zu haben und eine ungarische Prinzessin als Mutter? Für das echte Leben geschaffen ist Amadeus‘ ungewöhnliche Familie aber nicht: Die Mutter verschanzt sich mit Migräne hinter der Schlafzimmertür, der Vater rechnet den ganzen Tag, wenn er nicht grad die Fassung verliert. Amadeus übernimmt die Rolle des Erwachsenen und kümmert sich um seine Geschwister. Nur Schäferhund Felix ist sein Verbündeter und das einzige Familienmitglied, das umarmt werden kann – bis er eines Tages eingeschläfert werden muss. Jetzt hat Amadeus nur noch das Schreiben. Kann es ihm helfen, seine Kindheit hinter sich lassen? Jahrzehnte später ist Amadeus Journalist und Vater, er hat eine liebevolle Frau. Doch die Angst davor, nicht zu genügen, begleitet ihn auf Schritt und Tritt. Er wird immer neurotischer, weigert sich schließlich, das Zentrum Stockholms zu verlassen und gefährdet damit seine Ehe. Aber wie soll er sich gegen seine Herkunft zur Wehr setzen? Und wie viel kann man im Leben selbst bestimmen? (Inhaltsangabe: Ullstein)


Cover: Ullstein Buchverlage

Was formt uns? Was beeinflusst uns?

Der Vater ein Atomphysiker, aus Ägypten ausgewandert. Eine Mutter, die aus der Ahnenlinie des Erzherzogs Rudolf von Österreich-Ungarn entstammt und sich dem Adligen, der sich selbst mit einem Kopfschuss das Leben nahm, seelisch verbunden fühlt.

Es könnte ein Leben voller Glanz und Gloria sein für den jungen Amadeus, doch die Realität ist eine andere. Die Mutter verbringt oft Tage im Bett, der Vater rechnet vor sich hin, wenn er nicht seine angestaute Wut am Sohn entlädt. Zuneigung und Umarmungen kennt er nicht. Stattdessen ist Amadeus den Mobbingattacken und Prügel seiner Mitschüler ausgesetzt.

Eine Kindheit, die sich zusammensetzt aus Schicksalsschlägen, Ignoranz, Selbstzweifeln. Voller Melancholie und doch mit einer facettenreichen Erzählweise, die trotz einer gewissen Distanz das Leben des jungen Amadeus seltsam humorvoll beleuchtet, gelingt es Erba seinen Helden in das Herz des Lesers zu schreiben.

Keine Gegenwart ohne Vergangenheit

In einem zweiten Erzählstrang stellt Erba einen erwachsenen Amadeus vor. Als Journalist erfolgreich findet er sogar die Liebe, und doch lässt ihn seine Vergangenheit nicht los.

Voller Zweifel und Angst entwickelt der erwachsene Amadeus Verhaltensweisen, die schon an Selbstsabotage grenzen. Jeder Fehler wird beleuchtet, jedes Scheitern in Szene gesetzt, bis es schmerzt. Der surreale Humor aus dem Erzählstrang aus Kindertagen scheint komplett verflogen.

„Wenn die Liebe immer reichen würde, sähe die Welt ganz anders aus.“

Erba hat mit Die auffällige Merkwürdigkeit des Lebens einen ganz speziellen Roman geschaffen, in dem er aufzeigt, wie sehr uns unsere Vergangenheit beeinflussen kann, und wie man ihr trotz Verdrängung auf Dauer nicht entfliehen kann.

Ein Familienroman unter Extrembedingungen, der nicht den Geschmack eines jeden Lesers trifft, aber keinesfalls enttäuscht, sollte man sich denn auf die Erfahrung einlassen wollen.


AUGUSTIN ERBA


Augustin Erba, der mit vollem Namen eigentlich Augustin Petrus Amadeus Osiris Mina Erba-Odescalchi heißt, wurde 1968 geboren und wuchs in einem Vorort von Stockholm auf. Sein Vater stammt aus Ägypten, seine Mutter hat ihre Wurzeln im Hause Habsburg-Lothringen. Erba selbst lebt mit seiner Familie in Stockholm und arbeitet als Journalist für das öffentlich-rechtliche schwedische Radio (SR). „Die auffällige Merkwürdigkeit des Lebens“ ist sein zweiter Roman.

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