[Rezension] Gustaaf Peek: Göttin und Held

Was ist Liebe? Was ist Intimität? Ist es Selbstbetrug? Das Herz lässt sich nicht betrügen, aber der Mensch ist ein widersprüchliches Wesen – und nichts ist komplizierter als die Beziehung zwischen Mann und Frau.

Dies ist die Geschichte von Tessa und Marius. Sie kennen sich ein ganzes Leben lang, manchmal sind sie zusammen, manchmal nicht; über Jahre hinweg treffen sie sich heimlich in Hotelzimmern. Ihre Beziehung hat viele Namen: Romanze, Affäre, Obsession. Göttin und Held erzählt ihre Liebe unverhüllt, vom Ende zurück zum Anfang – von der letzten Berührung zum ersten Treffen, vom letzten Wort zum ersten Blick. (Inhaltsangabe: DVA Verlag)

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Der niederländische Schriftsteller Gustaaf Peek – der nebenbei auch noch als Journalist und Fotograf tätig ist – wurde 1975 in Haarlem geboren und studierte Anglistik in Leiden. Sein erster Roman „Armin“ erschien 2006; mit seinem dritten Roman „Ich war Amerika“ (2010) erhielt er den BNG Nieuwe Literaturprijs und den F.-Bordewijk-Preis. Peek lebt und schreibt in Amsterdam. „Göttin und Held“ (2014) ist sein vierter Roman.

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Am Anfang war der Tod

Peek erzählt eine Liebes- und Lebensgeschichte, in der es kein Morgen mehr gibt, denn der Tod von Tessa – der Göttin, stolz, selbstbewusst, unnahbar und anbetungswürdig – ist der Auftakt dieses Romans, der in mehreren Episoden an von Kapitel fünfzig bis zu Kapitel null hin erzählt wird. Ihr Geliebter Marius – der Held, besitzergreifend und nicht ganz so stark wie Tessa – ist bereits mehrere Jahre zuvor verstorben.

Der Luxus eines Tages und einer ganzen Nacht, der glückliche Schein all dieser zusätzlichen Zeit.
(Gustaaf Peek, Göttin und Held, S. 213)

Die Liebesbeziehung von Tessa und Marius als Obsession zu betiteln, ist tatsächlich der einzig richtige Weg um auch nur ansatzweise zu beschreiben, was den Leser hier erwartet. Denn diese Geschichte erzählt keineswegs von einer zarten Romanze, sondern beschreibt eine Liebe, die zwischen Leidenschaft und reinem körperlichen Begehren gefangen zu sein scheint.

Sie wollte richtig verliebt sein, wach liegen, wenn sie an ihn dachte, und er musste das Gleiche für sie empfinden.
(Gustaaf Peek, Göttin und Held, S. 333)

Tessa und Marius schreiben beide. Er ein Blog mit Beobachtungen aus dem Alltag, sie Biografien starker Frauen. Das Schreiben ist die einzige Gemeinsamkeit der beiden, die sich losgelöst von der Sexualität entfalten darf, und doch ist auch diese Tätigkeit mit einer gewissen Leidenschaft verbunden.

Sprachlich speziell, jedoch ohne Tiefe

Peek schreibt in einem ganz eigenen Rhythmus und findet einen individuellen Ton für seinen geschickt konstruierten Roman, der den Leser immer wieder in die Position des Voyeurs bringt und nicht mit expliziten und fast schon obszönen Szenarien geizt.

Er wollte sie riechen, packen, ersticken, ihr alte Umarmungen entlocken, er wollte nicht mehr groß sein, sondern klein und versteckt […].
(Gustaaf Peek, Göttin und Held, S. 120)

Doch was ist Peeks Roman, wenn man das Konstrukt und die Grundidee außer acht lässt? Die Studie einer Affäre, einer abhängigen Liebe vielleicht, in der die Charaktere eine untergeordnete Rolle spielen, zumindest was die Entfaltung und Entwicklung ihrer Persönlichkeit betrifft. Trotz einiger Schicksalsschläge bleiben sowohl Tessa als auch Marius flach und farblos, ihre Beweggründe spielen kaum eine Rolle, außer sie betreffen ihre Beziehung zueinander.

Er wollte nichts mehr hören von seiner Bitte, seinem Irrtum, von den schmutzigen Ausläufern seines alten, toten Traums.
(Gustaaf Peek, Göttin und Held, S. 114)

Göttin und Held“ ist ein geschickt aufgebauter Roman, sprachlich speziell und einzigartig, jedoch kann die eigentliche Handlung der anfänglichen Faszination nicht stand halten. Anders als bei Tessa und Marius nimmt die Anziehungskraft zwischen Leser und Roman immer weiter ab. Wo am Anfang noch Potential erahnt werden konnte, verlief es sich Seite um Seite mehr im Sande. Eine Geschichte, die als Film durchaus funktionieren könnte, der aber als Roman die Tiefe fehlt. So bleibt von „Göttin und Held“ nur eine Momentaufnahme, mehr aber auch nicht.


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Göttin und Held von Gustaaf Peek
Godin, held
336 Seiten (Hardcover)
Übersetzung: Nathalie Lemmens
Verlag: DVA
Erschienen: August 2016
ISBN: 978-3-421-04707-6

Mein Dank geht an das Bloggerportal von Randomhouse und an den DVA Verlag für das so freundlich zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

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Ein Gedanke zu “[Rezension] Gustaaf Peek: Göttin und Held

  1. Hallo Katja,
    ich habe vor einigen Wochen ,,Licht und Zorn“ von Lauren Groff gelesen, das eine ähnliche Beziehung behandelt und mich in deiner Besprechung hier schnell wiedergefunden. Ich fand Groffs Buch schon so mühselig, dass ich auf ,,Göttin und Held“ nach deiner Besprechung erstmal verzichten werde.
    Viele Grüße
    Jana

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