Eine Rezension zur Verfilmung von Peter Jackson gibt es auf meinem Blog Leinwandwelten.
Die grundlegende Handlung der Geschichte ist schnell erzählt: Susie Salmon ist 14 als sie am 6. Dezember 1973 von ihrem eher unscheinbaren Nachbarn Mr. Harvey vergewaltigt und ermordet wird. Ihre Leiche wird nie gefunden, genauso wie der Täter. Stattdessen beobachtet Susie von ihrem Himmel aus ihre Familie, Freunde und die Suche nach ihrem Mörder.
Das klingt erst nach einer eher eintönigen, langweiligen Geschichte, die nicht einmal Spannung aufzuweisen hat, da der Mörder ja von Anfang an bekannt ist. Doch darauf kommt es hier auch gar nicht an.
Susies Himmel entspricht in keinster Weise der Vorstellung von Harfe spielenden Engelchen mit Heiligenschein auf weißen Wolken. Eher ist ihr Himmel eine Fantasiewelt, Gedankenwelt, in der sich neben Susie noch andere Menschen bewegen, die ähnliche Erlebnisse und Gedanken haben. Entsprechend ihrer Vorstellungen und Träume ist ihr Himmel fähig sich ständig zu verändern.
Von hier aus beobachtet sie das Weiterleben ihrer Lieben. Die Trauer ihrer Familie, die nicht wahrhaben können, was mit ihrer geliebten Tochter geschehen ist. Der Vater, dessen einziges Ziel es ist Susies Mörder zur Rechenschaft zu ziehen, der darüber fast schon verrückt zu werden scheint. Ihre Mutter, die sich immer mehr von ihrer Familie entfernt und sie letztendlich auch verlässt, um vor allem zu flüchten. Susies Schwester Lindsey, die vorgibt stark zu sein, kein Mitleid will, beginnt Sport zu treiben und bald die wichtigste Stütze des Vaters wird. Buckley, Susies kleiner Bruder, der nicht versteht warum sie nicht wiederkommt und Susie stattdessen öfter zu sehen scheint.
Denn das tut Susie, ab und an zeigt sie sich ihrer Familie. Durch ihren so großen Wunsch ihre Familienmitglieder zu berühren, gelingt es ihr manchmal eine Art unsichtbare Grenze zu überschreiten und ihrer Familie ein Gefühl von Anwesenheit zu geben. Genauso ist Ruth, eine Mitschülerin Susies, in der Lage die Seelen der Verstorbenen zu sehen, die stets immer noch unter den Lebenden wandeln, um bei denen zu sein die sie lieben. So sieht sie auch Susie. Ruth wird zur besten Freundin von Ray, einem Jungen, der Susie kurz vor ihrem Tod geküsst hat und in den sie verliebt war.
Der erste Teil des Buches ist sehr intensiv, man sitzt quasi inmitten der trauernden Familie, die immer noch Hoffnung hat den Täter zu finden, jemanden, den man zur Rechenschaft ziehen kann, der büßen soll für das was Susie erlitten hat. Etwas Greifbares.
Diese Anspannung, dieses Gefühlschaos lässt mit der Zeit nach, immer mehr begreift jeder die Endgültigkeit des Geschehenen und beginnt sein Leben weiterzuführen. Man verfolgt das Leben der Familie noch einige Jahre mit, vor allem das von Lindsey, welches Susie besonders intensiv verfolgt. Denn ihre Schwester erlebt nun all die Dinge, die ihr nicht mehr möglich sind. Sie verliebt sich, wird erwachsen, altert, verändert sich.
„In meinem Himmel“ hat mich ungemein berührt. Nur, dass die Intensität schon nach der Hälfte des Buches nachgelassen hat und alle wieder fast in den Alltagstrott verfallen sind, fand ich etwas schade. Das Buch ist in keinster Weise kitschig, trotz der großen Gefühle die Alice Sebold hier beschreibt. Und genau das macht es so unheimlich lesenswert.
In meinem Himmel von Alice Sebold
384 Seiten (Broschiert)
Verlag: Goldmann
Erschienen: Februar 2005 (Filmausgabe Januar 2010)
ISBN: 978-3442458363 (ISBN: 978-3442470051 für die Filmausgabe)
8,95 €